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Der Todfeind tr�gt Zahnspange |
Am 1. Mai erbte die EU einen Konflikt, an dem sich Generationen von Diplomaten die Z�hne ausgebissen haben � zuletzt UN-Generalsekret�r Kofi Annan, der Ende April mit seinem Plan f�r eine Wiedervereinigung bei den griechischen Zyprioten scheiterte. Die Mehrheit der griechischen Zyprioten sagte Nein. Vordergr�ndig geht es in diesem Streit um das Recht auf R�ckkehr in die alte Heimat, um enteignete H�user und um die Zukunft der Besatzer im t�rkisch okkupierten Norden. Dahinter geht es um viel mehr - um �eine tief sitzende Paranoia vor den anderen�, meint der t�rkisch-zypriotische Journalist Sevgul Uludag. Gegen Angst und allgegenw�rtiges Misstrauen k�mpfen erfolgreich lokale Friedensstifter - mit Internet und Spaghetti-Essen.
Von Ingrid Eissele
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Die gelbe Nelke in der Hand von Modestos wird langsam schlaff. Es ist hei� am Strand von Agia Napa. Die Sonne brennt auf den dunklen Schopf des kleinen Griechen und auf sein rotes Fu�baller-T-Shirt. In der anderen Hand h�lt er eine Postkarte mit einer Widmung. Sein Geschenk an die von dr�ben. �Ich hoffe, Zypern bekommt Frieden�, steht darauf in ungelenkten Buchstaben.
Ein Sprung ins Wasser, das w�re jetzt super. Oder mit auf einem der Motorboote drau�en �ber die Wellen zu kreuzen. Statt dessen tritt Modestos schwitzend von einem Fu� auf den anderen und wartet auf die Regieanweisung seines Lehrers. �Geht ein bisschen miteinander spazieren�, sagt Nicos Anastasiou und verteilt Namensaufkleber an die t�rkischen Kinder aus dem Norden und an die griechischen Kinder aus dem S�den. Frieden machen, so hei�t das Lernziel f�r die beiden Sch�lergruppen an diesem Wochenende. Komisch ist das, wenn man sich nie gestritten hat, sich nicht mal kennt. Die von dr�ben sind einen halben Kopf gr��er, fast schon junge M�nner. Tuscheln auf t�rkisch miteinander und halten Sicherheitsabstand. Dann springt ihr Lehrer auf einen Felsen und h�lt eine Rede. Auf Englisch. Andere �bersetzen. Griechisch und t�rkisch. �Wir wollen, dass ihr Br�der werdet, denn alle Zyprioten sind Br�der�, sagt Ulus Irkat. �Ihr geh�rt zu einer Familie. Umarmt Euch und werdet Freunde.� Mit h�ngenden Schultern trotten zwei Gr�ppchen am Strand entlang. �Heute�, sagt Lehrer Irkat ger�hrt und versteckt seine feuchten Augen hinter einer Sonnenbrille, �schreiben wir Geschichte.
Larnaca trifft Famagusta. Ein Spaziergang am Strand, gemeinsam Spaghetti und Schokoladenkuchen essen, Fu�ball spielen, reden. Eine harmlose Begegnung, aber f�r Zypern eine kleine Sensation. Drei�ig Jahre dauerte es, bis sich mal wieder zwei Jugendmannschaften aus Nord und S�d zum Kick treffen konnten. Eine der Absurdit�ten im Leben von Modestos, 11, Sohn griechischer Zyprioten, der im S�den lebt, und dem gleichaltrigen Cagdas, t�rkischer Zypriote aus dem Norden. Genauso absurd wie die Grenze, die ihre Insel zerschneidet, die kaum gr��er ist als Rheinland-Pfalz: Ein breiter Streifen Niemandsland mit verlassenen Siedlungen, Minen, Verbotschildern, rostigen Z�unen und Stacheldraht.
�Schaut Euch gegenseitig an�, fordert der griechische Lehrer Nicos Anastasiou die Fu�baller auf, �seht ihr etwa Monster?� Die Buben kichern. Modestos schaut sich vorsichtig um. Der �Feind� steht rechts und tr�gt Zahnspange, Gel in der Igelfrisur und Nike-Turnschuhe.
Die Horrorgeschichten der Vergangenheit kennt er wie jeder Zypriote auswendig. Wie t�rkisches Milit�r 1974 ein Drittel der Insel besetzte und die griechischen Bewohner zwang, ihre H�user binnen einer halben Stunde zu verlassen. Wie die Menschen quer durchs Land getrieben zu Fl�chtlingen im eigenen Land wurden. �Ich vergesse nicht,� steht auf Schulb�chern griechisch-zypriotischer Kinder, neben Fotos der verlorenen St�dte aus den �besetzten Gebieten� im Norden. Dort lernt Cagdas fast wortgleiche Phrasen. Und Geschichte spiegelverkehrt. Etwa die vom griechischen �T�rken-Killer� Sampson, der Angst und Schrecken unter seinen Landsleuten verbreitete.
�Fighting dragons�, der Kampf gegen die Ungeheuer der Vergangenheit, so nennt Lehrer Anastasiou die innere Verfassung seiner Landsleute. Angst und Misstrauen sitzen immer noch in vielen K�pfen. Seine Tochter Marianna, 14, erz�hlt von einem ihrer Lehrer in der Grundschule, der eine Waffe mitbrachte. �Wenn ihr einen T�rken seht�, sagte er und fuchtelte mit dem Gewehr vor seinen Sch�lern herum, �dann knallt ihn ab. Das sind alles Barbaren!� Manche Kinder, sagt Marianna, �glauben, dass die T�rken riesige F��e haben m�ssen, weil bei uns die t�rkische Armee auf Plakaten immer mit riesigen Stiefeln gezeigt wird.�
Der komplette Text folgt in K�rze als PDF-Download
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Oben links:
Nicos und Ulus, die beiden Friedensmacher, am Rand des Spielfelds |
Oben rechts:
Felsenbr�cke an der K�ste Zyperns
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