Neue CasinosCasinos Ohne Staatliche Lizenz
Peace Counts Peace Counts
Eine Br�cke f�r Schizopolis
Genau zehn Jahre nach Kriegsende wird in Mostar die wieder aufgebaute Stari Most eingeweiht, die weltber�hmte Br�cke �ber die Neretva. Doch die Stadt ist immer noch tief gespalten in ein muslimisches und ein christliches Ufer. Die Jugendorganisation Mladi Most findet sich mit der Teilung nicht ab. Sie baut unsichtbare Br�cken zwischen den Lagern.
�Ich soll Angst haben?
Ich bin Mostari von Kopf bis Fu�,
ich bin schon als junger Mann
von der Alten Br�cke gesprungen.�
Himna za Mostare/Lied der Br�ckenspringer


Wenige Panzergranaten gen�gten, um den Traum zu t�ten. Der Traum hatte die Form eines k�hnen, wei�en Steinbogens, der sich 438 Jahre lang �ber das gurgelnde Flaschengr�n der Neretva spannte. Alle Lasten hatte er mit Leichtigkeit getragen, allen St�rmen standgehalten, den �berbordenden Fr�hjahrsfluten getrotzt. Stari Most, die Alte Br�cke, wie alle sie nennen, ob Bosniake, Serbe oder Kroate, war Herz und Halt der Stadt gewesen. Weithin sichtbar hatte sie als Fixpunkt im Weichbild der Flussufer geankert. Als sie an jenem Novembermorgen um 10 Uhr 12 kollabierte, nach genau 65 Granaten aus dem Rohr eines kroatischen Panzers, zerbrach auch die Hoffnung f�r die Mostaraca, die Bewohner Mostars. F�r jeden eine andere. F�r den alten Safa, Philosoph und Andenkenverk�ufer, der sommers die deutschen Touristen in Diskurse �ber Kant und Hegel verwickelt und ihnen dann, mit kategorischem Imperativ, seine Kupferbilder angedreht hatte: F�r Safa starb eine �ber Jahrzehnte freigiebige Ern�hrerin. Vanja, der Wagemutige, der nicht nur den M�dchen seines Alters den Kopf verdreht hatte, sondern auch mancher erwachsenen Frau mit Hechtspr�ngen 25 Meter hinunter in die gletscherkalte Neretva: Vanja b��te den Schauplatz t�glicher Heldentaten ein. Die 18j�hrige Muslimin Senada, von kroatischen Soldaten mit vorgehaltenen Gewehren aus ihrer Wohnung vertrieben, gleichm�tig beobachtet von den guten Christenmenschen in der Nachbarschaft: Senada fand die R�ckkehr ans Westufer ein f�r allemal abgeschnitten. In all diesen Geschichten rei�t ein Faden, bricht etwas. Einige tausend Mostaraca waren zu diesem Zeitpunkt get�tet worden, Zehntausende vertrieben, der muslimische Ostteil lag nach mehrmonatigem Dauerbeschuss in Tr�mmern. Doch erst das Sterben von Stari Most, einer Fu�g�ngerbr�cke ohne jede strategische Bedeutung, verdichtete all die kranken Umtriebe der vergangenen Monate zu einem traumatischen Bild. Heller Stein, der zu Staubfont�nen explodierte, M�rtel, der die Neretva blutrot f�rbte: Sch�nheit wurde vernichtet allein um des Vernichtens Willen. �brig blieben zwei St�mpfe, die sich einander entgegenreckten, ohne sich zu erreichen. Ihre ohnm�chtige Gestik dr�ckte aus: Mostar wird nie wieder die gleiche sein. Zehn Jahre sp�ter. T�rkische Steinmetze mei�eln letzte Unebenheiten von den Quadern, die den Br�ckenbogen abschlie�en. Stari Most, die Totgeglaubte, bekommt ein zweites Leben geschenkt. Die T�rme, die rechts und links der Neretva den �bergang kontrollieren, wirken trutzig wie einst. Benachbarte Moscheen sind repariert, neue hinzugekommen. 15 Millionen Euro hat der Wiederaufbau gekostet. Im Juli soll die neue Alte Br�cke mit gro�em Pomp eingeweiht werden. Alle Welt wird sich �ber die Bilder des strahlendwei�en Bogens freuen. Man wird denken: Nun ist die klaffende Wunde �ber der Neretva verheilt, das Gespenst des Krieges vertrieben. Man wird Sekt trinken und jubilieren: Seht her, wir haben Mostar wieder vereinigt! Man wird sich f�rchterlich irren. �In Wirklichkeit sind wir vom Frieden weit entfernt�, meint die Muslimin Senada Zuric, die im Krieg auf das andere Ufer der Neretva vertrieben wurde. Seit den ethnischen S�uberungen ist der Fluss f�r Mostar, was die Mauer f�r Berlin war: eine Demarkationslinie zwischen zwei V�lkern. Auf der �stlichen Seite leben die muslimischen Bosniaken, im Westteil die christlichen Kroaten. Schizopolis, Stadt mit gespaltenem Bewusstsein. Obwohl sie nur etwas mehr als 100 000 Einwohner z�hlt, leistet sie sich den Unsinn von zwei Universit�ten, zwei Wasserwerken, zwei Schulsystemen, zwei Arbeits�mtern, zwei Zivilrechtsordnungen. In Schizopolis gilt das Gesetz des �Teilens und Herrschens�. Der Krieg hat neue Eliten geschaffen. Viele neue Posten sind zu besetzen. Auf dem Ticket der Gewalt sind sie nach oben gekommen, mit Tiraden gegen die �andere Seite� profilieren sie sich, als Hardliner behaupten sie die politische F�hrung. Senada ist 28 und damit zu jung, sich mit der Teilung der Stadt abzufinden. �Denn das w�rde bedeuten, die Vision aufzugeben, dass wir eines Tages in Mostar wieder ganz normal leben k�nnen.� Viel verlangt sie nicht f�r sich, f�r ihre Generation. Einen Job, ein bisschen Kultur, Spazierg�nge ohne Angst � eine Chance halt. H�lftig w�re Mostar jedoch nicht �berlebensf�hig. Senada hat sich mit anderen zusammen getan, junge Bosniaken, Kroaten und Serben. Baumeister sind sie allesamt, denn auch sie errichten �berg�nge �ber die Neretva. Unsichtbare, aber besonders wichtige. Mladi Most hei�t ihre Organisation, Junge Br�cke. Die angehende Betriebswirtin Senada koordiniert das Programm, k�mmert sich um die Finanzen und pflegt, weil sie hervorragend englisch spricht, die wichtigen Kontakte zum Ausland. Sie ist eine moderne Muslimin, die den Ramadan einh�lt, weil sie das Fasten mag, aber das Alkholverbot des Korans als genussfeindlich ignoriert. Als Mladi Most gleich nach Kriegsende gegr�ndet wurde, halfen deutsche Studenten von der Aktion S�hnezeichen, inmitten von tr�mmerges�umten Stra�enz�gen und granaten-durchpfl�gten Brachen ein Jugendzentrum zu errichten. Es liegt genau auf der ehemaligen Frontlinie, nach allen Seiten offen. Auf den ersten Blick machen die Jugendlichen im Zentrum Abrasevic nichts anderes als ihre Altersgenossen in irgendeiner Kleinstadt im Westen. Foto-AG und Internet-Caf�, Theater und Rockmusik spielen, eine eigene Zeitung herausgeben und Videos drehen. Doch in einem Umfeld der Extreme wird das Normale zum Au�ergew�hnlichen.

Text: Michael Gleich

Download:
> Kompletter Text als PDF
Themenverwandte Links:
Oben links:
Hausruinen und Neubauten an der ehemaligen Frontlinie in Mostar
Oben rechts:
Die ersten Touristen schauen sich den fast fertigen Neubau der "Alten Br�cke" - "Stari Most" an
Photos:
Uli Reinhardt / Zeitenspiegel
Auf Klick vergr��erbar
Best Practice Beispiel
Bosnien-Herzegowina
�> Eine Br�cke f�r Schizopolis

�